Selten kommt es vor, dass ein Schauspieler nur geboren wurde, um eine bestimmte Rolle zu spielen. Hier ist einer dieser seltenen Filme.
Anthony Quinn spielt nicht den Sorbas, er ist Sorbas. In jeder Szene atmet er den Sorbas, tanzt den Sorbas, lacht den Sorbas.
Während andere große Schauspieler, wenn sie sich so wie Quinn hier, auch körperlich in die Rolle verlieren einfach nur noch überheblich, arrogant und unecht rüberkommen (z.B. Al Pacino, Anthony Hopkins in all ihren jüngeren Filmen) oder es wirkt als wollten sie die jungen aufstrebenden Mit-Schauspieler in ihre Schranken weisen, wirkt es bei Quinn alles sehr authentisch. Dieser Mexikaner spielt seine Rolle mit so einer Wucht, dass er für immer ein Grieche wird, sowohl für die Griechen als auch für die ganze restliche Welt.
Dabei kommt seinem überragenden Spiel zu Gute, dass er eine grandiose Rolle zu spielen hat. Sorbas ist nicht der Protagonist, ist nur dessen Handlanger, ein Lebenskünstler, der anscheinend schon alles gesehen haben wird, das er gerade braucht, um auf seine Art und Weise eine gewisse Weisheit zu erlangen.
Er war als Grieche im Krieg gegen die Türken, hat aber nichts gegen Türken, weiß, dass es letztlich nur die Länder sind, die Kriege gegeneinander führen, nicht die Menschen.
Er hat anscheinend Familie und Kinder gehabt, mindestens eines davon verloren und durch diesen Schicksalsschlag augenscheinlich auch seinen Verstand,... oder doch nicht?
Viel mehr erfährt man nicht über Sorbas, nur das er einer willigen Frau niemals abgeneigt ist. Mehr braucht man über ihn auch nicht wissen.
Irgendwie wirkt sein Frohgemut ansteckend. Es kommt einem im Laufe des Filmes fast vor, als würde man ihn persönlich kennen lernen.
Die Geschichte des Films handelt nicht von Sorbas.Sorbas begleitet einen jungen Mann als dessen Fremdenführer und Handlanger auf eine griechische Insel. Der junge Mann, halb Grieche, halb Engländer, will sein Erbe antreten und wird im Folgenden den Sommer auf dieser Insel verbringen, da er nichts besseres zu tun hat und sich von Sorbas zu einem abenteuerlichen Unterfangen überreden läßt.
Während dieser Zeit lernt der junge Mann die griechische Mentalität kennen, manchmal angewidert, manchmal fasziniert, aber immer neugierig.
Alexis Sorbas ist ein Feel-Good-Movie, obwohl er sehr viele drastische Szenen hat, so die 'Totenfeier' einer abgetakelten Freudendame oder die geduldete Lynchjustiz am rande einer Messe.
Obwohl der Film in schlichtem schwarz-weiß gehalten ist, spürt in jeder Szene die Sonne, man schmeckt das Meer, man erfreut sich am sonnigen Gemüt Sorbas'.
Sorbas ist auch dringend nötig für den Film, denn wo der junge Engländer steif und ungelenk bleibt, keinen Zugang zur mediterranen Mentalität bekommt, ist Sorbas zur Stelle, erklärt, klärt auf, räumt Mißverständnisse aus der Welt.
Manchmal reicht eine einfache Geste Sorbas' aus, um eine Sache zu erklären, wofür jemand anderer eine Stunde bräuchte.
Das liegt daran, dass Sorbas ein einfacher Mann ist, der sachen einfach nicht verkompliziert. Er kennt die komplizierten Regeln seiner Gesellschaft, wie jeder andere auch, der in einer Gesellschaft lebt, hält sich auch an sie, aber selbst bleibt er er selbst: Eben Alexis Sorbas.
So einfach und überragend Anthony Quinns Soiel ist, so meisterhaft ist auch die Inszenierung: Es wird einem ein Griechenland präsentiert, wie es ehrlicher kaum sein kann, nichts beschönigend, teilweise dreckig und mies - wenn zum Beispiel ein verliebter Junge aufgehetzt wird - aber gleichzeitig erliegt man dem Charme des Landes, weil alles hier herzlich und warm ist.
Man kann gar nicht umhin, als am Ende des Films sich zu wünschen, Sorbas würde einem selbst das Tanzen beibringen.
Untermalt wird das alles von einer sensationellen Musik, die einfach unerreicht bleibt. Für immer bleibt einem Griechenland mit dieser wunderschönen Musik von Mikis Theodorakis behaftet.
Ein wunderschöner zeitloser Klassiker, der einen für zwei Stunden auch an kalten Wintertagen in einem Griechenlandurlaub mitnimmt und so leicht nicht wieder losläßt.
Der perfekte Film für einen kuscheligen Abend, ohne gleich auf seichte Kost umsteigen zu müssen.
10 Punkte